indische Impressionen

Nachrichten im Alltag 2

Mittlerweile ist etwas mehr als ein Jahr vergangen, seit meinem ersten Experiment zum Thema Nachrichten im Alltag. Nun ergab sich die Gelegenheit einen weiteren Versuch zu starten und vor allem einen Blick auf die Reichweite der deutschen Politik und Nachrichten zu legen. Wer den ersten Versuch noch einmal lesen möchte, findet hier den alten Artikel: Nachrichten im Alltag. Allen anderen sei dieser Beitrag hier empfohlen.

Nachrichten im Alltag 2

Wie einige von Euch vielleicht wissen, verbrachte ich gerade einen Monat auf einer klassischen Backpacker-Tour in Indien. Man kann sich das Land noch so oft in Dokumentationen ansehen, aber letztendlich sollte es doch ein paar eigene Erfahrungen wert sein. Also nichts wie auf in den Flieger und sich die Lage vor Ort selbst betrachten. Auf gut deutsch, ich war einen Monat da wo wortwörtlich der Pfeffer wächst und konnte im Zuge dieser Reise eben auch die Reichweite der deutschen Nachrichten und Politik betrachten. Gleichzeitig übrigens auch, wie sehr es internationale Meldung in die deutsche Medienlandschaft schaffen.

Im Gegensatz zum ersten Versuch, hatte ich vor aktiv nach deutschen Beiträgen, Nachrichten und Meldungen umzusehen. Dazu sollten mir vor allem die Zeitungen und das Fernsehen dienen.  Weiterhin führte ich Gespräche mit Einheimischen über ihr Wissen in Bezug auf Deutschland und die deutsche Politik.

Das Ergebnis ist mehr als erschreckend, denn es gibt keine deutschen Zeitungen in Indien, noch nicht einmal alte. Im Fernsehen wird ebenfalls nichts über die Bundesrepublik berichtet. Innerhalb der 33 Tage schafften es gerade einmal drei Meldungen in die Schlagzeilen, bzw wurden sie erwähnt. Eine Meldung davon hatte einen direkten Bezug zum Gastgeberland und die anderen beiden würde ich nicht als klassische Politik einstufen wollen.

Die deutschen Nachrichten in Indien

Hier nun die drei Nachrichten aus Deutschland, welche es irgendwie bis nach Indien schafften.

1. Es wurde in einer Zeitung gemeldet, dass die Stadt Bonn nun Nuttenautomaten aufstellt. Die Stadt Bonn hat laut indischem Zeitungsbericht Ticketautomaten aufgestellt, an denen die Damen des leichten Gewerbes Morgens einen Erlaubnisschein ziehen können und somit einen Tag lang berechtigt sind, dem freien Gewerbe nachzugehen.

2. Die Bayern schlagen Manchester United in der Champions-League. Die Bayern haben in der Championsleague ihre erstes Spiel gegen Manchester mit zwei zu Null geschlagen. Sport scheint immer noch die internationale Sprache zu sein.

3. Siemens zieht sich aus dem Bau von Atomkraftwerken zurück und zwar in Indien. Dieser Rückzug ist dem deutschen Atomausstieg geschuldet und wurde mithin am meisten in den indischen Medien diskutiert. Man sollte zu dieser Nachricht bedenken, dass es weithin unverständlich in Indien aufgenommen wurde, denn das Land hat immer noch kein stabiles Stromnetz, oder weite Teile sind überhaupt noch nicht erschlossen. Pro Tag gibt es durchschnittlich 2-3 Stromausfälle, die sich auch über Stunden hinweg halten können.

Indische Nachrichten in Deutschland

Während meiner Reise beobachtete ich rudimentär das Netz in Deutschland und achtete vor allem auf indische Nachrichten. Die Zeit war hierfür eigentlich recht günstig, denn es gab große Sportereignisse, sowie einen Massenprotest gegen Korruption und die Regierung, sowie einen Bombenanschlag auf den High Court in Delhi.

Die Sportmeldungen kamen nicht durch, obwohl ein Klassiker im Cricket anstand – England vs. Indien. Vor Ort lief praktisch kaum etwas anderes im Fernsehen und die Zeitungen waren voll davon. In der deutschen Medienwelt gab es dazu rein gar nichts, was ich aus der Ferne gesehen hätte.

Volksaufstand gegen die indische Regierung und die allgegenwärtige Korruption, geführt von Anna Hazare. Wenn mehr als 50 Millionen Menschen auf die Straße gehen und friedlich gegen Korruption protestieren, ist dies eigentlich eine Nachricht wert. Leider gab es dazu nichts in den deutschen Medien, bzw nur auf einigen sehr einschlägigen Indien-Blogs, die aus der Ferne aber auch sehr viele Falschmeldungen produzierten. An dieser Stelle, darf ich den Indern persönlich viel Glück wünschen und hoffe, sie schaffen es die Bestechlichkeit einzudämmen, die wirklich allgegenwärtig ist.

Der Bombenanschlag auf den Highcourt in Delhi. Diese Nachricht kam wirklich auch in den deutschen Nachrichten und es wurde mit Sorge darauf geschaut. Indien an sich liegt selbst in einer Art Belagerungszustand und praktisch an jedem öffentlichen Gebäude, sowie Einkaufszentren und Sehenswürdigkeiten werden von bewaffneten Soldaten und Wachmännern bewacht. Indien liegt immer noch im Streit mit Pakistan um die Kaschmirregion und gleichzeitig kommt es zu Vertreibungen von muslimischen Gläubigen im Land. Man kann nur hoffen, dass es sich nicht zu einem Glaubenskrieg auswächst.

Fazit Nachrichten im Alltag 2

Für mich hat sich das zweite Experiment nahtlos an das erste angeschlossen, denn auch hier haben die Meldungen keine tatsächlichen Auswirkungen auf mein normales Leben genommen. Die Piraten zogen erstmals in ein Landesparlament ein. Gratulation an dieser Stelle noch nachträglich zum sensationellen Ergebnis. Der Euro steht immer noch in der Krise und die Kanzlerin ist angeschlagen wie eh und je. Außerhalb Europas steht die deutsche Politik immer noch in einem anderen Licht da und so wundert es wenig, wenn mir der indische Tuk-Tuk-Fahrer grinsend ein „Hitler cool“ entgegnet, nachdem ich ihm sagte, dass ich aus Deutschland sei. Wir sind eben nicht der Nabel der Welt und unsere Politik ist es schon gar nicht. Wenn wir dies verstehen und vielleicht ein wenig mehr darauf achten, dass unsere Volksvertreter eine solide Realpolitik betreiben, könnte es uns wirklich weiterhelfen. Zusätzlich sollte man noch kapieren, weltpolitisch geht es meist immer noch um Protektion, Wirtschaftsangelegenheiten und das klassische Machtprinzip. Wer dies begreift, hat schon viel mehr verstanden, als so mancher Leser einschlägiger intellektueller Zeitungen.

Am Ende bleibt nur ein Satz übrig: Öfters mal selbst denken, hat noch keinem geschadet.

 


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