Hier nun eine kleine kurze Wahlanalyse, bzw eine nicht ganz wissenschaftliche Einschätzung der Europawahlen 2009. Sie ist vor allem deswegen nicht politologisch verwertbar, da sie doch einige Kommentare und Spitzen zu bieten hat, die dort eigentlich nichts zu suchen hätten. Ein besonderes Augenmerk liegt dabei natürlich auf der deutschen Wahl.
Europawahl in Deutschland:
CDU/CSU: 38% -6.5%
SPD: 20.8 % -0.7%
FDP: 10.9 % +4.8%
Grüne: 12 % +0.1 %
Linke: 7.6 % +1.5%
Sonstige: 10.7 % +0.9%
Zahlen aufgrund der Hochrechnung von ARD nach infratest dimap um 21.45 Uhr
CDU/CSU: Zwar kam es hier zu massiven Einbrüchen, allerdings muss man sagen, dass dies doch zu erwarten war. Die CDU/CSU hatte bei der letzten Europawahl mit 44 % sehr gut abgeschnitten und so war dieses Ergebnis durchaus zu erwarten. Die CSU konnte den Sprung über die 5%-Hürde schaffen und stellt nun 8 Sitze im Europaparlament. Das es zu keinem stärkeren Einbruch bei dieser letzten verbliebenen Volkspartei kam, verdankt man einerseits sicherlich der Kanzlerin, die im großen und ganzen doch recht beliebt ist. Die CSU konnte hingegen wirklich auftrumpfen und sich voll in den Windschatten ihres Wirtschaftsministers von Guttenberg stellen. Man darf Seehofer immer wieder zur Ernennung Guttenbergs gratulieren, der damit für seine Partei einen außerordentlichen Handstreich vollführte.
SPD: Zur SPD kann man nicht viel sagen, außer dass sie ihr historisch niedriges Ergebnis der letzten Europawahl noch unterbieten konnte. Frank Walter Steinmeier ist zwar ein solider Außenminister, allerdings kann er sich dadurch noch längst nicht im eigenen Land profilieren. Ebenso sind seine außenpolitischen Auftritte längst nicht so beeindruckend, wie sie es sein könnten und zuguterletzt ist die Außenpolitik nicht das beherrschende Thema dieses Wahlkampfs. Die Finanzkrise überschattet diese Wahl und die SPD konnte kein klares Konzept vorlegen, dass dem Wähler eingeleuchtet hat. Eine Negativkampagne in der Wahlwerbung, konnte den Wähler nicht täuschen und von der Konzeptlosigkeit ablenken. Selbst die Angriffe auf Guttenberg liefen völlig ins Leere. Franz Müntefering wurde teilweise selbst noch in die Verantwortung für die Hartz IV Reformen genommen. Von der einst so stolzen SPD ist nichts mehr übrig und man kann nur sagen, eine Volkspartei bringt andere Wahlergebnisse zustande.
FDP: Die FDP kann jubeln und mit einem Zugewinn von fast 5% steht sie als klarer Wahlsieger fest. Die von den großen Parteien Enttäuschten wechselten vor allem ins liberale Lager und setzen dort auf die wirtschaftliche Kompetenz. Ob jedoch die FDP diesem Wählerauftrag gerecht werden kann, muss ernsthaft bezweifelt werden. Man darf gespannt sein, welche Stärke die FDP für die zukünftigen Wahlen aus diesem Ergebnis zieht und vor allem auf ihrem weiteren Weg umsetzen kann.
Grüne: Die Grünen konnten ihr Wahlergebnis stabilisieren und sind in der gesamten Europawahl auf breiter Ebene ins Parlament eingezogen. Hier bestätigt sich, dass Umweltschutz mittlerweile durchaus ein tief verankertes Thema im Bewußtsein des Wählers ist. Dies ist besonders erstaunlich, da in Zeiten der Finanzkrise eigentlich der Schluß näher liegt, dass sich jeder selbst der Nächste ist. Trotzdem hätten die Grünen etwas besser abschneiden können, wenn sie sich mehr als Friedenspartei profiliert hätten.
Linke: Die Linken konnten um 1.5%-Punkte zulegen und sich somit endgültig als 5 Partei etablieren. Zum einen liegt dies daran, dass sie bei der letzten Europawahl noch als PDS antrat und so eher nur im Osten gewählt wurde. Besonderes Wähler aus den Bereichen Soziales und Friedensbewegung finden heutzutage hier eine politische Heimat. Zusätzlich konnte die Linke vom schlechten Abschneiden der SPD profitieren.
Sonstige: Interessant ist, dass fast 11 % der Wähler sich mit ihrer Stimme für eine kleine Partei entschieden haben. Darunter auch viele für die sogenannte Piratenpartei, die vor allem das Thema Datenschutz auf ihre Fahne geschrieben hatte. Allerdings gehören hier auch die Rechten dazu, die man glücklicherweise zumindest nicht unter den deutschen Abgeordneten findet. Stuft man hierzu noch die Linke als eine Randpartei ein, so kommt man zu dem Ergebnis, dass fast jeder fünfte Wähler seine Stimme einer extremen politischen Coleur gab. Dies ist für eine standhafte Demokratie einigermaßen erschreckend und sollte unbedingt weiter betrachtet werden. Natürlich können sich darunter auch neue politische Ausrichtungen, wie zum Beispiel die Piratenpartei befinden, allerdings sollte man diesen Faktor nicht unterschätzen. Ich möchte an dieser Stelle die Prognose wagen, man wird in Zukunft noch einiges von dieser kleinen Partei hören, bzw. von ähnlichen Gruppierungen mit den gleichen Inhalten. Dies mag zum einen daran liegen, dass sich viele Menschen bei gewissen Themen übergangen fühlen und zum anderen, dass man den alteingesessenen Parteien keine mediale Kompetenz im Bereich Computer und Internet zuspricht.
Europawahl unsere Nachbarn:
Im gesamten Wahlgebiet konnten die Konservartiven nach den bisherigen Ergebnissen sich deutlich von den sozialen Parteien abgrenzen und haben nun einen Vorsprung von rund 100 Stimmen. Zudem kann man sagen, dass die meisten Regierungen eine art Denkzettel von den Wählern erhielten.
Besonders hervor sticht die niederländische Wahl, in welcher sich die EVP (europäische Volkspartei) von Gerd Wilders auf den zweiten Platz vorschieben konnte. Sie hatte vor allem Anti-Islamisierungssprüche, sowie eine anti-europäsche Wahlausrichtung. Ebenso gab es in Östereich einen starken Rechtsrutsch, der sich aber auch daraus ergibt, dass es keine Wahlgruppe am linken Rand gibt. Man darf annehmen, dass viele Wähler, die in Deutschland der Linken zuzurechnen wären, dort die FPÖ gewählt haben.
Auch noch erwähnenswert ist das estnische Wahlergebnis, welches von den Liberalen bestimmt wurde. Sie erhielten dort weit mehr als 50% aller abgegebenen Stimmen.
Schlußendlich war die Wahl für eine Menge kleinerer Parteien ein erster Versuch sich der Öffentlichkeit zu präsentieren, der mehr oder minder gelang.
Zur Wahlbeteiligung:
Die Wahlbeteiligung war erwartungsgemäß schwach, folgte aber nur einem schon langanhaltendem Trend. Ob es dadurch zu einem Legitimierungsproblem im demokratischen Grundsinne kommen könnte, kann man an dieser Stelle noch nicht beantworten. Sicher ist nur, dass die Politik nicht mehr den gleichen Stellenwert wie noch vor 20 Jahren hatte.