„Der Mensch ist von Natur aus frei und doch überall in Ketten.“ (Der Gesellschaftsvertrag, Buch 1, Kapitel 1, Jean-Jacques Rousseau) Mit diesem Satz beginnt Rousseau seine Abhandlung über den Sozialvertrag. eine staatliche Ordnung beruht auf Vereinbarungen und ist somit kein Naturrecht. Welcher Art diese Vereinbarungen sein sollen, will ich im Folgenden darstellen. Der Mensch strebt nach Selbsterhaltung, er ist sich selbst verpflichtet. Er ist sein eigener Herr.Damit widerspricht Rousseau namentlich Aristoteles, indem er behauptet, dieser habe Ursache und Wirkung verwechselt, als er unterstellte, dass die einen Menschen zum Herrschen und die Anderen zum Dienen geboren werden. Denn: „Die Gewalt hat den Sklaven geschaffen, die Feigheit hat ihn verewigt.“ (Der Gesellschaftsvertrag, Buch 1, Kapitel 1, Jean-Jacques Rousseau) Wer als Sklave geboren wird, kennt kein anderes Schicksal und bleibt deswegen Sklave, Unter Umständen will er sein Schicksal gar nicht verändern. Die Sklaverei ist begründet au dem recht des Stärkeren; d.h. derjenige der stark genug ist, die anderen zum Gehorsam zu zwingen, hat solange die Macht, bis ein Stärkerer kommt. Dies kann aber nach Rousseau kein Recht sein, da der Gehorsam erzwungen wird und somit die Pflicht zum Gehorsam erlischt, sobald der Zwang aufhört:
Der Gesellschaftsvertrag von Jean Jacques Rousseau
„Es heißt: Gehorcht den Gewalten! Wenn das bedeuten soll: weicht dem Starken, so ist die Vorschrift gut aber überflüssig; sie wird niemals übertreten werden.“ (Der Gesellschaftsvertrag, Buch 1, Kapitel 3, Jean-Jacques Rousseau)
Da dies keine sinnvolle Rechtsbegründung ist, muss nach einer gesetzmäßigen Gewalt gesucht werden, der man Gehorsam schuldet. Bedenkt man weiterhin, dass kein Mensch von Natur aus über dem Anderen herrschen darf, so muss man die Begründung von Herrschaft in der Übereinkunft suchen. Dies widerspricht aber z. B. dem Wesen der Sklaverei. Denn welcher Mensch gibt freiwillig seine Freiheit an einen Herrscher und wird Sklave, auf dass der Herrscher seine Existenz sichert?
„Ein König kommt ja nicht für Existenz seiner Untertanten auf, ihnen verdankt er vielmehr seine Existenz.“ (Der Gesellschaftsvertrag, Buch 1, Kapitel 4, Jean-Jacques Rousseau) Außerdem muss jeder Mensch, der frei geboren ist, die Möglichkeit haben, sich der Regierungsgewalt zu unterwerfen, oder auch nicht. Dies ist notwendig, da niemand das Recht hat, über die Freiheit des Anderen zu bestimmen. Selbst wenn ein solcher Akt statt fände, würde er den Verzicht des Individuums auf die eigene Freiheit und die Übertragung sämtlicher Rechte auf den Herrscher bedeuten. Es ist jedoch sinnlos ein Recht, das man gegen jemanden hat, an diesen zu übertragen. Die Ableitung der Sklaverei aus dem Kriegsrecht scheint Rousseau ebenso unmöglich. Nach Grotius hat der Sieger das Recht seinen Gegner zu töten. Im steht als Sieger das Leben des Besiegten zu, auch wenn er diesen nicht tötet. Rousseau hält dagegen, dass Kriege nur von Staaten geführt werden und die Krieger nur solange als Feinde angesehen werden dürfen, bis sie nicht mehr kämpfen. Dann ist der Krieg beendet. „Der Krieg gibt daher kein Recht, das nicht für seinen Endzwecke notwendig wäre.“ (Der Gesellschaftsvertrag, Buch 1, Kapitel 4, Jean-Jacques Rousseau) Die Sklaverei bleibt daher immer unrechtmäßig. Weder durch die Macht des Stärkeren, noch durch einen Vertrag kann die Sklaverei legitimiert werden. „… folgender Satz wird immer gleich sinnlos bleiben: << Ich schließe mit dir einen Vertrag, dessen Lasten allein dir, dessen Nutzen allein mir zufallen, den ich einhalten werden und den du befolgen musst, solange es mir beliebt. >>.“ (Der Gesellschaftsvertrag, Buch 1, Kapitel 4, Jean-Jacques Rousseau)
Bevor ein Volk überhaupt einen Vertrag schließen kann, muss geklärt werden, wie so ein Vertrag zustande kommt. Dies setzt einmalig eine einstimmige Übereinkunft voraus. Den selbst das Mehrheitsprinzip ist ja nur eine Übereinkunft, die beschlossen werden muss. Diese Zustimmung soll laut Rousseau zum Gesellschaftsvertrag gegeben werden.
Eine Form der Gemeinschaft ist zu finden, in der die gemeinsame Kraft, Person und Eigentum jedes Teilhabers schützt und verteidigt, und jeder der sich mit der Gemeinschaft verbindet, nur sich selbst gehorcht und seine frühere Freiheit weiter bewahrt. (Der Gesellschaftsvertrag, Buch 1, Kapitel 6, Jean-Jacques Rousseau)
Dabei müssen die Bedingungen für alle exakt gleich sein, damit sich niemand übervorteilt sieht. Es soll sich außerdem jeder vorbehaltlos entäußern, damit niemand irgendwelche Rechte gegenüber dem anderen hat. Somit hat jeder genauso viel Recht dem anderen gegenüber, wie dieser über ihn, und jeder kann seine Kraft ganz der eigenen Erhaltung widmen. Die aus diesem Zusammenschluss entstehende Körperschaft, welche an die Stelle der Gesamtheit der Vertragsschließenden tritt, heißt Staat. Die Vertragsschließenden heißen Volk. Die Staatsgewalt kann nichts beschließen, dass diesem Gründerpakt widerspricht. Sie kann also z.B. nicht eines Teils der Vertragsschließenden entledigen. Außerdem ist es ihrem Charakter nach unmöglich, ihre Mitglieder zu schädigen, da sie sich damit selbst Schaden zufügen würde. Der Bürger wiederum darf zwar ein, dem Gemeinwillen widersprechendes Privatinteresse haben, er muss sich aber dem Gemeinwillen fügen. Wird dieser Gehorsam verweigert, kann er vom Staat dazu gezwungen werden. „… man wird ihn zwingen, frei zu sein…“ (Der Gesellschaftsvertrag, Buch 1, Kapitel 7, Jean-Jacques Rousseau) Dies ist notwendig, um den Staat vor Missbrauch zu schützen. Der mensch verliert durch den Gesellschaftsvertrag seine natürliche Freiheit und das unbegrenzte Recht sich alles zu nehmen, was er erlangen will. Dafür gewinnt er die staatsbürgerliche Freiheit und das Eigentumsrecht an seinem Besitz.
Da der Vertragsschließende sämtliche Rechte an den Staat abtritt, gibt er auch das Verfügungsrecht über sein Eigentum ab. Er ist dann lediglich der erste Besitzer der Güter. Dies wird von den anderen aber stärker geachtet als dies im Naturzustand der Fall wäre. „Man anerkennt dabei nicht so sehr das Eigentum des anderen als das eigene Nichteigentum an dem Gegenstand“ (Der Gesellschaftsvertrag, Buch 1, Kapitel 9, Jean-Jacques Rousseau) Der Besitzer eines Gegenstandes oder eines Stück Land ist somit nur Verwahrer öffentlichen Eigentums. Andererseits muss das Eigentum auch gerecht unter den Menschen verteilt werden. Dem Staat kommt hier eine gewisse Verteilerrolle zu.
An dieser Stelle endet das erste Buch des Contract social. Hat Rousseau im ersten Buch zunächst begründet, warum die Menschen den Sozialvertrag schließen sollen, so wendet er sich nun der Praxis zu. Das zweite Buch wird im nächsten Artikel der Serie behandelt.
Weitere Teile der Artikelserie
- Teil 1 Jean-Jacques Rousseau
- Jean-Jacques Rousseau – Teil 2 – Der Sozialvertrag
- Jean Jacques Rousseau – Buch 3 – Der Sozialvertrag
- Regierungsformen nach Jean-Jaques Rousseau
- Rousseau und das Thema Wahlen
- Rousseau zur Religion
- Jean Jaques Rousseau Medien
Sonstige Stimmen zu Jean Jacques Rousseau
Friedrich Schiller Gedicht – Rousseau