59. Ordentlicher FDP-Bundesparteitag – “Mehr Freiheit. Mehr Wohlstand”

Da kann man natürlich durcheinander kommen, wenn die SPD zeitgleich ihren Zukukunftskonvent abhält, bei dem es vorrangig um ein Papier namens „Aufstieg und Gerechtigkeit“ geht. Natürlich sind sie komplett unterschiedlich, so sprach man in der SPD von Vollbeschäftigung, während die FDP auf einmal das Schlagwort „Mehr netto für alle“ aus dem Hut zog.

Damit meinten sie vor allem ihr Steuerkonzept „Die gerechte Steuer“, welches folgende Forderungen enthält:
1. Die gerechte Steuer – das leistungsgerechte Bürgergeld als Teil eines
integrierten Steuer-Transfersystems
2. Die gerechte Steuer-verständliche Regeln und ein einfacher Stufentarif
10%, 25%, 35%
3. Die gerechte Steuer – Familien stehen im Vordergrund
4. Die gerechte Steuer – für Unternehmen wichtiger Standortfaktor im
internationalen Wettbewerb
5. Die gerechte Steuer – Haushaltskonsolidierung und föderale Finanzbeziehungen

Dies hört sich auf den ersten Blick alles sehr nett an, doch man möge immer im Hinterkopf behalten, dass man jeden Euro nur einmal ausgeben kann. Immerhin legt die FDP auch ein Konzept zur Finanzierung vor, denn das ganze Paket kostet nun einmal 29 Milliarden Euro. Dieses Geld soll vor allem durch Subventionsabbau und den Umbau der Agentur für Arbeit eingespielt werden. Interessant dürfte das ja schon sein, denn die Agentur für Arbeit ist noch nicht so alt und der letzte große Versuch in diesem Bereich für mehr Effizienz zu sorgen, sorgte nur dafür, das man das Arbeitsamt jetzt nicht mehr so nennt. Subventionsabbau ist nicht minder interessant und sollte ebenfalls im Fokus stehen, denn wo genau sollen denn diese Gelder eingespart werden? Denken wir an den deutschen Kohleabbau über den man Jahrzehnte lang dozentierte, er müsse erhalten bleiben, damit man energiepolitisch nicht vollkommen auf Dritte angewiesen sei. Die aktuelle globale Preislage für Energie legt es nahe ziemlich nahe die Gelder dafür zu streichen. Wie sieht es aus mit den Geldern für Bauern? Die Milchbauern scheinen just im Moment sowieso viel zu viel zu verdienen, zumindest soviel, dass sie auf die Barrikaden gehen und die gute Milch in den Abfluss kippen.
Das Finanzierungskonzept samt Steuerkonzept hakt, aber dies stört die FDP nicht weiter: es ist ja keine Regierung unter gelber Regie in Sicht und so kann man immer behaupten man hat sich in der Koalition nur eingeschränkt durchsetzen können.

Was aber sagt eigentlich der Parteivorsitzende Guido Westerwelle dazu? Er konnte vor allem mit einem Satz überzeugen: „das Abkassieren der Mitte“. Diese Mitte ist politisch äußerst umstritten, denn viele Medien behaupten, die Mitte sei längst ausgestorben und so sei niemand mehr zum Kassieren da. Sein zweiter großer Satz: Alle, die arbeiten, sind die Deppen der Nation!“ In Sicht auf zukünftige Wahlen ist es vielleicht nicht so geschickt wenn man circa 40 Millionen potenzielle Wähler als Depp bezeichnet, aber jede Partei hat da ihre eigene Strategie die Wähler zu erreichen und schlechte PR gibt es ja bekanntlich gar nicht. Hinzu kommt die Standardforderung mehr Netto vom Brutto für die Bürger und das selbstverständliche Totalversagen der großen Koalition. Ausgesprochen gut sprach er über die Freiheitsrechte in Deutschland und deren schleichende Abschaffung, allerdings war dies nur ein kleiner Punkt seiner Rede. Wer will kann sich die ganze Rede als MP3 herunterladen und anhören, es sind nur 90 Minuten und hat durchaus das Zeug als Blockbuster auf SAT1 ausgestrahlt zu werden.

MP3 Westerwelle 59. FDP Parteitag (30 MB)

Es ist leider so, dass die FDP einmal mehr bewiesen hat, dass sie in der Parteienlandschaft die Rolle einer kleinen grauen Maus einnimmt. Sie konnte sich auch auf diesem Parteitag nicht entscheidend von den Inhalten der anderen Parteien abgrenzen. Schlagworte und große Geschenke kennt der Wähler zur Genüge und die Bürger wissen was sie davon zu halten haben. Inhaltlich spricht die FDP aber nicht mehr aus der Seele der Bürger, sondern viel mehr aus ihrer eigenen und die ihres Parteivorsitzenden. 10 Jahre Opposition haben Spuren hinterlassen und gezeichnet. Es scheint so, als würde Westerwelle nach gelben Socken, Programm 18+ und dem FDP-Spassmobil vielleicht ein letztes Mal sein Konzept ändern um endlich in eine politisch verantwortliche Position zu gelangen.
Man kann zugeben, Westerwelle ist äußerst bemüht, ambitioniert und zielstrebig, allerdings eines geht im samt der FDP völlig abhanden, das Gespür die Themen auf den Punkt zu bringen. Entweder hechelt man hinterher oder bringt die Themen zu früh. Es ist bei der FDP nicht so, dass man aus der Opposition heraus jemals verstanden hätte die regierenden Parteien unter Druck zu setzen. Man blinzelt in der FDP nur erstaunt zur Linken hinüber offiziell natürlich niemals nimmer nicht, wie diese die SPD im Schweinsgalopp über den Acker treibt und demontiert. Ganz gleich ob dies nun in einer populistischen Art und Weise geschieht und trotzdem kann man deutlich den Neid spüren. Im Gegenteil, während SPD weiter zur Mitte flüchtet, verliert die FDP ihren angestammten politischen Raum und andererseits steht die CDU lachend dahinter und freut sich über den politischen letzten Puffer.

Wie auch immer man die Lage der FDP deuten mag, die Bayernwahl dürfte hier höchst brisant sein.


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