Erst letztlich bin ich günstig zum Buch „Du sollst nicht lügen – Von einem der auszog, ehrlich zu sein“ gekommen. Natürlich liegt nichts näher eine ehrliche Buchbesprechung zum Werk zu liefern. Der Autor Jürgen Schmieder ist während seiner Arbeit bei der Süddeutschen auf die Idee gekommen 40 Tage lang um jeden Preis ehrlich zu sein und berichtet im Buch von seinen Erfahrungen aus dieser Zeit.
Du sollst nicht lügen Inhalt
Der Mensch lügt pro Tag etwa 200 mal und Jürgen Schmieder ist angetreten bei diesen 200 Alltagslügen ehrlich zu sein für die Dauer von 40 Tagen. Dabei kommt er in manchen Gewissenkonflikt. Wer gibt schon eine ehrliche Steuererklärung ab und versucht nicht ein wenig die Wahrheit zu seinen Gunsten zu biegen? Zudem welche Frau möchte schon hören, dass ihr das Kleid gar nicht steht oder wer ist schon ehrlich zu seiner Familie.
Auch in der Arbeit ist es schwierig, denn Diplomatie, Zurückhaltung und die eine oder andere Notlüge helfen einem bei der Karriere besser weiter, wie das ehrliche Herausposaunen, dass der Kollege ein fauler Sack ist. Auf 335 Seiten tritt der Autor an um dem Lügen den Kampf anzusagen.
Buchkritik du sollst nicht lügen
Die Idee des Buchs ist wirklich gut und auch wenn man sich selbst für einen ehrlichen Menschen hält, wird man doch noch häufig genug zu einer kleinen Notlüge greifen. Leider ist der Autor sehr von sich selbst eingenommen und so beschreibt Seite um Seite hinweg in teils sehr langwierigen Monologen, warum er so oder so ist, warum er das jetzt so oder so denkt und warum und wieso und überhaupt. Die Geschichten der Ehrlichkeit bleiben dabei ein wenig auf der Strecke und geraten leicht in den Hintergrund. Dabei sind gerade die Annekdoten der spannende Teil des Buchs. Immerhin sieht Schmieder schon in einen der ersten Kapital das Problem selbst und weißt den Leser darauf hin.
Richtig stark wird es, wenn er zu kurzen Erkenntnissen kommt, die zwar meist nicht weltbewegend sind, aber doch für ein wenig Aufklärung sorgen. So sitzt er bei einem völlig zu scharf geratenen Essen bei seinen Schwiegereltern und denkt gerade noch darüber nach, welche Wortwahl inklusive Kraftausdrücken er für das Essen äußern soll. Der junge Neffe sitzt währenddessen mit am Tisch und sagt ganz ehrlich: „Das schmeckt nicht, ist viel zu scharf.“ Die Ehrlichkeit muss also nicht immer beleidigend sein, sondern einfach nur ehrlich.
Andererseits beschreibt Schmieder, wie er vom Odeonsplatz ins München verzweifelt versucht eine Ubahn am Sendlinger Tor zu erreichen und sich dabei wie ein Bulle durch die schlendernden Tourimassen walzt. Dies hat für mich wenig mit Ehrlichkeit zu tun, sondern viel mehr mit einer schlechten Planung. Wenn er eh aus Erfahruung weiß, dass hier immer viel los ist, warum muss er dann jeden anderen scheuchen und seine Ellbogen einsetzen um vorwärts zu kommen? 5 Minuten früher loslaufen hätte den gleichen Effekt und in diesen Punkten ist der Autor eben nicht ehrlich zu sich selbst.
Letztendlich muss er auch ehrlich zu sich selbst sein und nicht nur seine Frau, Eltern und Freunde konfrontieren. Er nimmt sich dazu 24 Stunden lang selbst auf und beobachtet sich selbst. Im ersten Moment ist er geschockt von dem, was er dort sieht, zieht aber den richtigen Schluß und möchte sich in Zukunft ändern, zumindest ein wenig. Auch sehr nett ist das Mittel eines Codeworts seiner Frau, falls er in alte Gewohnheitsmuster zurückfällt und es findet äußert großzügige Anwendung.
Fazit Du sollst nicht Lügen! – von einem der aauszog, ehrlich zu sein
Die Idee ist gut, die Umsetzung hinkt aber an den Monologen des Autors. Zudem hat er gerade einmal einen einzigen Schlag von einem guten Freund abbekommen und 1700.- € durch eine ehrliche Steuererklärung verloren. Je nach Auftritt hätte das durchaus mal ganz anders laufen können oder man stelle sich einfach mal vor eine andere Person hätte das Experiment gemacht. Irgendein Anwalt, der die Wahrheit nicht mehr auslegt; eine Frau, die klar sagt, du warst scheiße im Bett; ein Handwerker, der nicht als erstes die Frage stellt, ob man eine Quittung braucht oder ein Anlageberater, dem dami die Grundlage entzogen ist. Da ist der Süddeutsche-Reporter Schmieder in einer bevorzugten Position und letztendlich läuft es auf seine persönlichen Problemchen hinaus.
Ich denke, das Buch kann man lesen, muss man aber nicht unbedingt. Auf der letzten Seite sieht man eine Vorschau aufs Folgebuch mit dem Titel ich will in den himmer oder als glückliche Kuh wiedergeboren werden – vom demütigenden Versuch ein religiöser Mensch zu werden. Auch wenn mich interessieren würde, wie die Geschichte weitergeht, werde ich es nicht gezielt kaufen, sondern warten, bis ich irgendwo auf einem Bücherbazar darüber stolpere.
Um es kurz zu machen, mehr Butter bei die Fische hätte dem Buch gut getan und wenn man das unnötige selbstbezogene Gequatsche gestrichen hätte, wären wahrscheinlich von den 330 Seiten nur noch 120 übrig geblieben.
Grundlage
Du sollst nicht Lügen! Von einem, der auszog, ehrlich zu sein ; Jürgen Schmieder
Erschienen im Goldmann Verlag
1. Auflage
ISBN: 978-3-442-1582-5