Eine Buchkritik zu George Orwells Roman 1984. Vermutlich ist 1984 von George Orwell die bekannteste Dystopie der Welt. Bereits 1949 veröffentliche Orwell dieses Welt, in dem ein totalitärer Überwachungsstaat beschrieben wird, dessen erschreckende Wirklichkeit uns alle einzuholen droht.
Buchkritik 1984
Wir begegnen Winston Smith, der zur mittleren Schicht gehört und im Propagandaministerium arbeitet. Dort arbeitet er daran, die Geschichte so zu verändern, dass sie der propagierten Wahrheit entspricht. Wir erleben seinen Alltag, der von Angst, Überwachung und Knappheit geprägt ist. Es herrscht andauernder Krieg, 85% der Bevölkerung sind Arbeiter, die dumm und naiv gehalten werden, aber dafür Narrenfreiheit genießen – auf dem niedrigsten Lebensstandard. Smith wird wie alle anderen der mittleren Schicht durch Teleschirme überwacht, ihm soll jeglicher Spaß verboten werden.
Er trifft Julia, mit der er eine heimliche Beziehung führt und beide wollen einer Untergrundorganisation gegen den Staat beitreten. Doch bei einem ihrer Treffen werden sie festgenommen, es stellt sich heraus, dass diese Bruderschaft vom Staat initiiert wurde, um herauszufinden, wer hinter dem Staat steht. Im Rahmen seiner Gehirnwäsche im Gefängnis betritt Winston auch Zimmer 101, das Zimmer seiner persönlichen Hölle in dessen Folge er alles – auch seine Liebe zu Julia – verrät. Nach Zimmer 101 ist er nicht mehr er selbst, sondern vegetiert nur noch beim Schachspiel vor sich hin. Als sein Widerstand endgültig gebrochen ist und er demütig seine Liebe zum „Big Brother“ erklärt, wird er exekutiert.
1984 gilt als Standardwerk – und tatsächlich liefert es viele Konzepte, mit denen heute Überwachung betrieben wird, aber geht noch deutlich weiter. 1984 nur auf sein Überwachungskonzept zu beschränken trifft den Kern des Ganzen nicht. In 1984 geht es um einen Staat, der ausnahmslos alles manipuliert, die Geschichte, selbst die Sprache und die gesamte Denkweise auf Konformität ausgerichtet werden soll – man soll denken, dass 1+1 = 3 ist, wenn das vom Staat so vorgegeben wird, obgleich es natürlich manchmal notwendig ist, zu wissen, dass das falsch ist. Dazu gibt es das sogenannte Doppeldenk, es wird vom Parteimitglied also verlangt, zwischen zwei Wahrheiten hin und her zu schalten – aber beide sind gleich wahr.
Man könnte noch Ewigkeiten über dieses Buch schreiben. Über Gedankenverbrechen, über massenpsychologische Propagandaveranstaltungen, wie die Hasswoche, über das gezielte Dummhalten der arbeitenden Bevölkerung, über den permanenten scheinbaren Kriegszustand in einem Mächtegleichgewicht, über das Vaporisieren von ungeliebten Menschen und die damit verbundene Kontrolle der Vergangenheit und über die konsequente Verschlechterung der Konsumgütern innerhalb einer strengen Planwirtschaft – aber dazu solltet ihr das Buch selber lesen.
1984 ist ein großartiges und sehr vielschichtiges Werk, das eine furchtbare Geschichte in einer furchtbaren Welt erzählt und so vergebe ich eine uneingeschränkte Leseempfehlung – vielleicht erst ab 14-16 Jahren, die Inhalte des Buches sind sicherlich nicht leicht zu verdauen, aber gelesen haben sollte dieses Werk jeder einmal. Folgerichtig kann ich nur 10/10 Punkten vergeben – nicht weil das Buch besonders schön ist, sondern weil es ein aktuelles und beklemmendes Thema beschreibt.
Dieser Teil der Buchkritik stammt aus der Feder unseres Gastbloggers Florian Ostertag und uns samt Foto exklusiv fürs Literaturasyl zur Verfügung gestellt.
Buchbesprechung 1984 – George Orwell
Ich selbst hatte das große Glück noch vor dem TV-Format Big Brother lesen zu können. Auch die Verfilmung sah ich erst nach der Lektüre, so dass ich mich als Leser ganz ins Buch fallen lassen konnte.
Selten hat mich ein Buch so tief beeindruckt wie 1984. Es handelt sich um eine düstere Zukunftsvision, in der es keinen Platz mehr für Individualität gibt. Selbst die Gedanken werden überwacht und man fiebert mit dem Protagonisten mit, möchte ihm Stück für Stück seine Freiheit wieder geben. Die Menschen sind zwar mit Lebensmitteln versorgt, aber es fehlt an geistiger Nahrung. Selbst die Sprache wird überwacht und angepasst, von irgendwelcher Kreativität ganz zu schweigen.
Für mich bleibt die Frage offen, wie es in dieser Umgebung überhaupt eine menschliche Entwicklung geben könnte. Sicherlich muss es eine Art Oberkommando geben, welches sich frei entfalten kann, andernfalls würde das System bald in sich zusammenbrechen. Sollte es tatsächlich zu einer solchen Welt der totalen Überwachung kommen, wird sich jeder einzelne entscheiden müssen, auf welcher Seite er steht. Die meisten werden dem System hörig sein, einige versuchen Widerstand zu leisten und einzelne können sich durch ihre herrschaftliche Legitimation ihre Freiheit auf Kosten ihrer Menschlichkeit bewahren. Ein erschreckendes Zukunftsszenario, welches man besser nicht zur Wahrheit werden lassen sollte.
Das Buch 1984 endet dann auch völlig deprimierend, zeigt auf, dass der einzelne Mensch keine Chance mehr hat das System zu verändern oder der Geschichte eine neue Wendung zu geben. Das System müsste schon aus sich selbst heraus zusammenbrechen und dies ist in jener Welt einfach unwahrscheinlich. Die Medien und gerade die Filmindustrie zeichnet öfters zerstörte Welten in ihren Werken, aber die Erde in 1984 ist trotz ihrer augenscheinlichen Zivilisation ein apokalyptisches Trümmerfeld.
Für mich ist und bleibt 1984, welches jeder zumindest einmal lesen und auf sich wirken lassen sollte. Vielleicht ist man dann in Belangen des Datenschutz, der Überwachung und der freiheitlichen Privilegien etwas aufmerksamer. Das sollte man auch tunlichst sein, wenn man seine Rechte nicht verlieren möchte.