Darstellung der politischen Entscheidungen zum LSR

Leistungsschutzrecht Deepthinking

Am Freitag den 01.03.2013 soll das Gesetz zum Leistungsschutzrecht im Bundestag zur Abstimmung kommen. Dieser Artikel beschäftigt sich eingehend mit den politischen Hintergründen und warum es mit das spannenste Gesetzesvorhaben der letzten Jahre ist. Ein paar tiefere Gedanken zu den Hintergründen, den Profiteuren und die aktuelle Eile des Gesetzesvorhaben. Ein Thema, das uns Bürger mehr angeht, als uns die Politik, die Verlage und Google wissen lassen möchten. Deepthinking Leistungsschutzrecht.

Leistungsschutzrecht

Was ist das Leistungsschutzrecht

Das Leistungsschutzrecht ist ein Gesetz, welches sogenannte Aggregatoren im Netz dazu verpflichtet, für ihre Meldungen an die ursprünglichen Verlage, eine gewisse monetäre Abfindung zu zahlen. Mit Aggregatoren sind damit weitgehend die Suchmaschinenbetreiber gemeint, die in ihren Newsabteilungen aktuelle Meldungen über kurze Anrisse (Teaser) darstellen und auf den Herausgeber der Meldung verweisen (verlinken).

Argumente pro Leistungsschutzrecht

Darstellung der politischen Entscheidungen zum LSR
Das Leistungsschutzrecht kommt.

Durch den kurzen Anriss der Meldung sind die meisten Internetnutzer in ihrem Wissenbedürfniss befriedigt und besuchen nicht die ausführliche Darstellung der Meldung auf der ursprünglichen Seite. Der Suchmaschinenbetreiber bekommt durch die Teaser kostenlose Inhalte und profitiert am meisten von den Besuchern. Da die Erstellung der Nachricht den Verlag aber Kosten bereitet, wäre es nur fair, wenn der Suchmaschinenbetreiber anteilig eine gesetzliche Gebühr für die Meldung zahlt. Die Verlage können so ihre qualitativ hochwertige Nachrichtentätigkeit auch weiterhin ausführen und hätten ein funktionierendes Geschäftsmodell. Weiterhin wäre das schrumpfende Printgeschäft (Zeitungen, Magazine) durch das Leistungsschutzrecht gesichert und würde die mediale Vielfalt in der Bundesrepublik Deutschland sichern.

Argumente contra Leistungsschutzrecht

Die Aggregatoren, wie zum Beispiel Google, sind privatwirtschaftliche Unternehmen, die nur Neuigkeiten der Seiten verarbeiten, welche diese auch aktiv für die Indizierung bei Google freigegeben haben. Jeder Verlag kann somit selbst entscheiden, ob er seine Meldungen überhaupt für Google-News freigibt oder eben auch nicht. Für eine selbst getroffene Entscheidung eine gesetzliche Gebühr einzuführen ist in einer freiheitlichen Demokratie mehr als nur fragwürdig.  Die Verlagsseiten beziehen ihre Besucher zu einem beträchtlichen Teil über eben diese Meldungen in den Suchmaschinen. Dieser Traffic (Besucherströme) wird mittels Werbeeinblendungen monetarisiert und finanziert so das eigentliche Angebot.  Durch ein Leistungsschutzrecht würden die Verlage die Hand beißen, welche sie eigentlich füttert.

Zusätzlich ist die Vielfalt der angebotenen News sehr beschränkt, da die meisten Medien Presseagenturmeldungen verwenden. Dies hat zur Folge, dass man zu bestimmten Themen im Grunde immer die gleichen Artikel von beispielsweise Reuters, DPA, AP, usw. liest. Diese wurden von den einzelnen Verlagen käuflich erworben und bieten keinerlei journalistische Eigenleistung.

Deepthinking Leistungsschutzrecht

Das dieses Gesetz mehr als nur umstritten ist, lässt sich mit einem Blick feststellen. Staatsrechtler halten den Gesetzesentwurf zudem für sehr fragwürdig und man darf sich sehr sicher sein, dass dazu noch das Bundesverfassungsgericht befragt werden wird.

Grundsätzlich gibt es drei Akteure beim LSR:

  • Politik (Bundestag, Bundesrat)
  • Aggregatoren (Google, Bing)
  • Verlage (Journalisten, Verlagshäuser)

Die beiden letztgenannten Akteure versuchen aktiv  die Entscheidung der Politik zu beeinflussen, was im Grunde auch ihr gutes Recht ist. Es geht schließlich um handfeste wirtschaftliche Interessen und die möchte jeder Betroffene möglichst adäquat politisch vertreten sehen. Die Situation ist aber deshalb so besonders, weil die vierte Gewalt im Staat (Medien) hier massivst versuchen eigene Interessen durchzusetzen! Ihre Aufgabe ist es eigentlich unabhängig Themen auf die politische Agenda zu bringen und das Meinungsbild der Öffentlichkeit abzubilden. Dieser Mechanismus funktioniert erfahrungsgemäß bei einem Eigeninteresse niemals. Durch die mediale Präsenz des Themas wird es politisch relevant und muss von den gewählten Volksvertretern behandelt werden. Umgangssprachlich könnte man sagen: steter Tropen höhlt den Stein.

Präkere politische Situation Leistungsschutzrecht

Besonders schwerwiegend ist die Abstimmung am Freitag deswegen, weil sie im Grunde gar nicht vorgesehen war. Wie aus dem Nichts muss das Gesetz jetzt durch den Bundestag. Und genau hier liegt der Hase im Pfeffer begraben. Unsere gewählten Volksvertreter haben gar keine andere Wahl als das Gesetz zu verabschieden, selbst wenn sie wollten!

Dies ist bei weitem nicht nur eine These, sondern harte Realität. Man stelle sich einmal vor, die Koalition lehnt das Leistungsschutzrecht ab. Wie würden wohl die Journalisten und Medien darauf reagieren? Mit Hinblick auf die bevorstehende Bundestagswahl würde man sich einem medialen Shitstorms unglaublichen Ausmaßes gegenübersehen!

Gleichzeitig hat im Bundesrat die Opposition die Mehrheit und wenn das Gesetz durch den Bundestag verabschiedet wurde, muss es hier ebenfalls bestätigt werden. Das Gesetz zum Leistungsschutzrecht für Presseverlage ist zwar an sich nicht zustimmungspflichtig, aber der Bundesrat hätte die Möglichkeit Beschwerde einzulgen. Wieder sticht die Argumentation, dass es sich die Opposition nicht leisten kann, gegen das Leistungsschutzrecht zu stimmen. Da mag man sich jetzt  noch so sehr dagegen sträuben, aber wenn man gewählt werden möchte, stimmt man lieber dafür. Da ist es dann auch nicht mehr weit zu einem imperativen Mandat.

Zudem ist der Zeitpunkt wichtig, weil das Gesetz noch diese Legislaturperiode verabschiedet werden muss! Wenn dies nicht geschieht ist das Gesetzesvorhaben gescheitert und beginnt von vorn. Wird das Thema jetzt nicht abgehandelt, dann sieht man sich wieder dem Shitstorm ausgesetzt.

Die Politik wird aktuell von den Medien damit unter Druck gesetzt und manch einem mag es wie eine Erpressung vorkommen, aber eigentliche Auftrag der unabhängigen Berichterstattung, wird in diesem Zusammenhang nicht geleistet. Zumindest geschieht dies nicht von den gesetzten Medien.

Richtig spannend hingegen ist, wie groß der Einfluss des Internets auf die kommende Wahlentscheidung ist. Wie sehr können die Suchmaschinenbetreiber, allen voran Google, die Massen mobilisieren und hier eine ausgleichende Kraft bilden? Der Kampf um den politischen Einfluss und unsere täglichen Nachrichten hat damit gerade erst begonnen.

Über konstruktive Kritik und eine angeregte Diskussion, auch über mehrere Blogs hinweg, freue ich mich immer sehr.


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