Marburger Lesung- Charles Bukowski Tribute

Immer wieder Mittwochs in Marburg

Normalerweise habe ich Mittwochs einen schönen durchstrukturierten Tag und vor allem feste Termine. Diese Woche nicht…

Nein, diese Woche kam das Schwimmen einen Tag früher und fleißig wie die Bienchen, schwamm ich mit Täubchen meine Bahnen. Die gleiche Strecke und die gleiche Zeit wie immer, nur das ich das jetzt fast 3 Monate nicht getan hatte. Raus aus dem Becken wie Blei, aber so eine kleine Anstrengung ist doch auch etwas schönes. Dafür gönnte ich mir über den Tag verteilt 40 Kippchen, eine Belohnung muss schließlich sein.
Die Rechnung dafür präsentierte sich prompt am nächsten Morgen mit einem ausgewachsenen Muskelkater. Nun gut, um überhaupt den Tag zu überstehen, dachte ich mir, laufe ich es einfach ein wenig aus. Mein Arzt meinte eh, ich solle ein wenig Joggen, würde sich nach dem Bänderriss im Sprunggelenk ganz gut machen. Rein in die Laufschuhe und da ich nicht gemütlich zum Stadion spazieren wollte, gleich mal rauf auf den Schloßberg. Dehnen und Aufwärmen ist eh etwas für Weicheier und so schraubte sich mein Puls in gleicher Zahl wie die erklommenen Treppenstufen nach oben. Das schöne war, dass die Schmerzen zwischen den einsetzenden Muskelkrämpfen, der Schnappatmung und dem benebelnden Schwindel vollständig verschwanden. Auf der anderen Seite des Bergs ging es wieder ganz hinab, nur um am Ende über das Treppenhaus des vorgelagerten Parkhauses nochmal 16 Stockwerke voller Stufen, zu überwinden. Nicht zu vergessen noch die letzten 3 Stockwerke bis in mein Zimmer.
Dort endlich angekommen, dachte ich noch: „Ging ganz gut, war ja nicht so schlimm!“
Die Gesamtheit meiner Poren, samt des versagenden Kreislaufs überzeugten mich schließlich doch vom Gegenteil. Nach 30 Minuten war alles vorbei und ich konnte mich zwar schwerfällig, aber ohne offensichtlichen Muskelkater bewegen.

Mein Bewegungsdrang führte mich zum Friseur ganz in meiner Nähe. Nachdem die letzte 5-Millimeter-Rasur schon 4 Wochen zurücklag, wollte ich mich ein wenig aufpeppen lassen. Ich informierte die zuständige Dame über mein Anliegen: „Sie machen das schon, ich brauche einfach nur eine Frisur.“

Die Antwort, der mich musternden Friseurin erstaunte mich dann doch: „Da kann ich ihnen nicht weiterhelfen.“

Immerhin klärte sich mich noch auf, das noch zu früh für eine Frisur sei und brachte zumindest alles ein wenig in Form. Nächster Termin in 4 Wochen, mal sehen ob sie mir den Spruch dann nochmal um die Ohren haut!

Das schöne dumpfe Gefühl nahm übrigens immer mehr und mehr zu. Da half es nicht sehr, das hier in der Studentenstadt gerade Erstie-Woche ist. Das heißt 5.000 saufende Halbpubertierende, die das erste mal von Mamis Rockzipfel wegkommen. Ich möchte es durchaus mit einer biblischen Plage vergleichen, bei denen die Heuschrecken eine Größe von 1.50-1.80 Meter erreichen. Gut, man hat ja auch ein paar nette Ausblicke, aber das wiegt das Geschiebe und Gedränge in der Stadt einfach nicht auf.

Nach einem netten Abend, samt Essen und Nachtisch, hing ich noch ein wenig ab und begab mich gerade nach Hause. Die Stadt war nicht mehr ganz so voll, dafür die Erstsemster. Nochmal die 16. Stockwerke über die Stufen hinauf und jetzt spürte ich endgültig, was mich am nächsten Tag erwarten würde. Ich schloss meine Haustür auf und checkte am Briefkasten die Post. Da höre ich vor meiner Haustür einen Reissverschluß und ein Plätschern…

Also Tür auf, guckt mich so ein Zwerg mit seinem Pimmelmann in der Hand erstaunt an und pisst mir auf die Schuhe. Jetzt reagiere ich normalerweise ja schon ungehalten, wenn mir jemand ans Bein zu pinkeln versucht, aber das sie es so wörtlich nehmen, hätte ich nicht erwartet.
Gut mal kurz weg vom Thema, kennt ihr dieses Phänomen, dass sich bei manchen Menschen in gewissen Situationen körperlich sichtbare Reaktionen einstellen? Ich finde das sehr faszinierend und ich bin teilweise auch selbst davon betroffen.
Ich dachte, die beiden hervortretenden Adern an den Schläfen, lassen jeden Moment meinen Schädel zerbersten. Da hilft keine Kopfschmerztablette der Welt mehr, da hilft nur eins!
Ich packte mir also den kleinen Pisser (das ist keine Beleidigung, dass ist eine Tatsache), der mittlerweile wenigstens nicht mehr auslief, am Kragen und ohrfeigte fröhlich drauf los.
Links, rechts, links, rechts, links. Assitoni würde sagen, Klatsch, Klatsch, Klatsch, Klatsch, Klatsch.
Sein Kumpan kam angelaufen, übrigens ein Schrank beachtlicher Größe, aber mit einem sehr fragenden Blick. Daraus schloss ich, dass über ihm nicht der hellste Stern der Intelligenz am Firmament erstrahlt. Gott sei dank, sonst hätte es auch ganz schnell bei mir Klatsch, Klatsch, Klatsch heißen können.
Ich lies von meinem entblößten Freund ab und änderte die Taktik auf durchgeknallter Nazipsychopat. Meinen folgenden Monolog, möchte ich hier aus rechtlichen Gründen nicht schriftlich niederlegen. Nur soviel sei verraten, es macht immer schwer Eindruck wenn man jemandem aus 5 Zentimetern Entfernung mit hochrotem Kopf in die Fresse schreit und durchaus bewusst, ihn einer nicht kleinen Gefahr einer Tröpfcheninfektion aussetzt. Mit leicht ungläubigen und verwirrten Gesichtern traten meine beiden neuen Freunde im Laufschritt den Rückzug an.

Etwas aufgeputscht und etwas unzufrieden, das ich nicht meine Schuhe nicht hatte sauber lecken lassen, ging ich in mein Zimmer und fing an diesen Blogeintrag zu tippen.

Marburg, du bist echt scheiße zu Semesterbeginn…

Und jetzt suche ich mir erstmal Sakrotan und unsere WG-Spaghettizange und kümmere mich um meine frisch gegerbten Schuhe. Gute Nacht

Euer

AMUNO

P.S.: Bin für jeden Mit- und Beileids Kommentar natürlich sehr dankbar  🙂


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