Der heutige Artikel ist eine Buchkritik zum Roman Der Engelmacher von Stefan Brijs. Brijs wurde 1969 geboren und lebt in der Nähe von Antwerpen. Vor allem in Belgien und den Niederlanden gelang ihm ein großer Erfolg mit der Engelmacher. Er erhielt mehrere Preise für das Buch und angeblich wird an einem Film gearbeitet.
Der Engelmacher – Inhalt
Dr. Victor Hoppe kehrt nach Jahren zurück in seine Heimat nach Wolfheim und übernimmt dort die väterliche Praxis. Im Dreiländereck gelegen wird er schnell ziel des dörflichen Tratsches. Zusätzlich scheint es auch noch, als würden ihn seine drei Söhne sehr belasten und ganz ohne Frau im Haus, steigen die Anforderungen an ihn. Seine Hasenscharte und sein martialisches Auftreten fördern nur noch die Abneigung gegen ihn und so manche Dorflegende rankt sich um das Haus und seine Familie. Nur ganz langsam bekommt man einen Einblick in die tatsächliche Welt des Victor Hoppes und doch will er nur gutes tun. Visionär wandelt er auf dem Weg zwischen Genie und Wahnsinn und nur wenige Dinge halten ihn ab den letzten Schritt zu tun.
Der Engelmacher Kritik
Tief ergreifend beschreibt der Roman das Leben des Dr. Hoppe. Immer wieder in Rückblenden werden einzelne Stationen seines Lebens beschrieben und seine Entwicklung aufgezeigt. In einer Zwischenwelt von Autismus und Aspergersyndrom versucht er sich zu beweisen und möchte doch immer nur das Richtige tun. Wie aber kann ein Mensch gut handeln, wenn er die Unterscheidung zwischen Gut und Böse nur rudimentär kennt? Schließlich entscheidet sich Hoppe für den Arztberuf, der ihn in die Wissenschaft treibt. Dort findet er seine Erfüllung in schier unlösbaren Aufgaben und ist seiner Zeit weit voraus. Er ist ihr sogar zu weit voraus und so steht er auch in diesem Bereich alleine, wie er sonst auch in der Gesellschaft und in seinem Leben allein steht. Unfähig Gefühle zu zeigen oder wahrzunehmen, leiden seine Kinder nicht nur unter seiner Art, sondern auch vor allem unter seiner Unfähigkeit Hilfe anzunehmen.
Schließlich kommt es zu einem Drama sondergleichen, welches den Leser tief erschüttert und trotzdem bleibt man seltsam unberührt. Ein Protagonist, der im Leser keine Gefühlsregung auslöst, der weit entfernt bleibt und für den man nur selten Mitleid empfindet. Der Autor stellt den Charakter schon fast in Perfektion dar und versteht es die gleiche Gefühlswelt im Leser zu erschaffen. Man mag zum Thema, zu Dr. Hoppe und dem Schicksal seine eigene Meinung haben und doch wirkt dieses Buch. Es wirft Fragen auf, schuldigt an und sucht nach Erklärungen. Es befriedigt auf keiner Ebene und doch fühlt man physisch wie die Sau durchs Dorf getrieben wird.
Brijs ist meiner Meinung mit der Der Engelmacher ein ganz großer Wurf gelungen. Lesenswert, schwerer Stoff und schwere Lektüre. Sicherlich nicht die Sache von jedermann und doch kann ich es nur wärmstens empfehlen. Wer die klassische Literatur mag, der wird vielleicht nicht seine Freude an Der Engelmacher finden, aber doch eine tiefgreifendes Leseerlebnis…
Brijs, Stefan: Der Engelmacher (2009) erste Auflage, btb Verlag, Orginal (2005) De Engelenmaker
ISBN 978-3-442-73851-9