Sophie, 49 Jahre, lebt mit ihrem Mann in Trennung und hat mal so nebenbei den Karl kennengelernt. Dessen Ehe lief auch nicht gut und so fiel man übereinander her und zog nach 4 Monaten zusammen. Sophies Ex ist nicht so glücklich über die Situation, da er von der ganzen Geschichte aus einem Brief erfuhr und Sophie auch den kompletten Hausstand heimlich einpackte. Alex, die Ex von Karl, kann zumindest oberflächlich besser mit der Situation umgehen, aber auch hier brodelt es unter der Oberfläche. Und schließlich gibt es noch Karls erwachsene Ziehtochter Amelie, die ihre ganz eigene Vorstellungen hat, wie man die Frau behandelt, welche die Ehe ihrer Eltern Familie zerstörte.
Inhalt
So entspinnt sich zwischen allen Beteiligten ein heiteres Beziehungsdrama. Eine teure Scheidung der Fame Fatal, eine drohende Scheidung in Frankfurt und ganz schön viel Kohle wird durchs Dorf getrieben. Es läuft darauf hinaus, dass Karl sein Vermögen an seine Exfrau Alex verliert und schließlich läuft ihm auch noch Sophie davon, da es ja nichts mehr zu holen gibt. Sie wechselt zu Mickey, einem Schuhunternehmer in Baden-Baden, der ihr das Leben zu bieten scheint, welches sie sich so sehr wünscht. Mit der Einstellung geht aber auch diese Geschichte nicht gut aus und so kommen weitere Männer ins Spiel, die ein finanziell abgesichertes Leben führen.
Buchkritik
49jährige menopausen Tussi trifft auf Mann in der Midlifecrises und beide brennen durch. Das Buch setzt beim Zusammenzug der beiden in eine Wohnung im Westhafen Frankfurt ein. Sie schleppt unglaubliche Möbel an und er hat nichts zu melden. Zudem stellt Karl schnell fest, dass sich das Leben selbst für ihn als Immobilienmakler etwas verteuert haben könnte. Ein paar Tausender hier für ein Versace-Kleid, da Schuhe für 890 Tacken und noch ein wenig Schmuck. Klartext gesprochen, Karl wurden die Murmeln abgenommen und denkt nur noch mit dem Schwanz. Mir ist durchaus bewusst, dass ich sicherlich nicht der Leser-Zielgruppe entspreche, da das Buch offensichtlich mehr für Damen geschrieben ist, aber trotzdem macht es mich ein wenig aggro. Da ist dieses Püppchen, welches sich durchaus gekonnt den Weg nach oben über die Männerwelt „erarbeitet“. Bei diesen handelt es sich jedoch um recht erfolgreiche Geschäftsleute und die bekommen so gar nicht mit, dass sie auf eine kleine Bumsbine hereinfallen. Seien wir ehrlich, die Männer werden alle ein wenig dümmlich dargestellt und dies kommt bei der weiblichen Leserschaft sicherlich ganz gut an. Bezieht man aber die Realität ein, dann würde das Spiel für Sophie ganz anders laufen und sie dürfte auch nicht um die 50 sein, sondern irgendeine Mittzwanzigerin. Ich verweise an dieser Stelle mal auf den Beitrag zu Boatpeople. Ebenfalls meine ich mich zu erinnern, dass geldgeile Weibchen & sonstige Männerspielzeuge auch in Investmentpunk vorkamen. Um es klar zu sagen, erfolgreiche Unternehmer sind zumindest meistens keine Statisten und Idioten. Es gibt zwar auch smartere Figuren im Buch, aber ich möchte an dieser Stelle nicht zu viel ausplaudern. Zukünftige Leser von Frau mit Grill sucht Mann mit Kohle sollen lieber nicht verprellt werden. Trotzdem handelt es sich nicht um verknallte Teenager, sondern um gestandene Männer aus der Geschäftswelt.
Die Hauptfigur der Sophie ist gut beschrieben und wird ausführlich dargestellt. Leider fehlen die letzten Beweggründe des Charakters, aber man bekommt eine leise Idee. Landei sucht das große Glück und merkt, dass die Welt mit dem Nachbarsbauern noch nicht vorbei ist. Woher allerdings die durchaus tief sitzenden Ausraster der Person kommen, woher das pathologische Verhalten stammt, wird nicht besprochen. Zusätzlich gibt es eine sehr gestörte Selbstwahrnehmung der Protagonistin. Sie würde hart arbeiten, täte alles für die Männer, die ohne sie praktisch verlorene Seelen wären. Mich würde also interessieren, warum sich die Nutte nicht selbst als solche erkennt? Vielleicht wäre es für sie moralisch verwerflich, aber hey, ein Job ist ein Job und irgendwie muss man an die Kohle kommen. Sicherlich ist sie völlig überzeichnet, auch wenn einem solche Damen aus diversen Fernsehformaten und Schundblättchen seltsam bekannt erscheinen. Als Leser entwickelt man zielsicher einen Hass auf Sophie und kann gar nicht glauben, dass sie so durchs Leben kommt.
Die Figuren der Männer bleiben in ihren Charakterbeschreibungen weit hinter Sophie zurück. Nennen wir sie einfach mal Wurst 1 bis Wurst XY in der Mitte des Lebens mit entsprechender Krise. Ein wenig Ego-Schmeicheln hier, ein wenig beschützenwertes Prinzesschen da und schon ist der Verstand vom Kopf direkt in die Hose gerutscht. Graue austauschbare Gesicheter, die sich nur in ihren Dialekten und Tätigkeitsfeldern unterscheiden. Wo ist der große Gegenspieler, wo der gewiefte Halunke und wo der Typ, der mit der Faust auf den Tisch haut und zu der Alten sagt: „Keinen Schritt weiter“? Ich hatte mir so sehr einen ebenbürtigen Gegner für Sophie gewünscht. Sollen sie sich quer durch Europa jagen und auch durch die Betten, aber leider wird dieser Wunsch nicht von der Autorin erfüllt. Überhaupt sind nur die Frauen klug und gescheit im Buch, denn Alex stellt sich bei der Scheidung von Karl gar nicht so doof an. Auch die gemeinsame Tochter durchschaut Sophie vom ersten Augenblick, obwohl jedes Kind einen neuen Partner an der Seite eines Elternteils zunächst für nicht zurechnungsfähig halten dürfte.
Ich las ja schon Zenissiomos Jagd von Sabine Ibing und da fiel mir schon das Hopping zwischen den verschiedenen Handlungsorten auf. Auch in Frau mit Grill sucht Mann mit Kohle reist man flott durch die Gegend: Berlin, Frankfurt, Malle, Baden-Baden, St. Moritz, Sylt usw. Dabei werden die meisten Orte nicht genauer beschrieben, sondern füllen sich nur durch ein paar bekannte Sehenswürdigkeiten mit Leben. Ein Sterne-Restaurant, ein paar Marken-Boutiquen und schon ist man ein wenig geblendet von der großen weiten Welt. Tatsächlich sind die Namen der Orte aber austauschbar, man müsste nur die regionale Küche entsprechend anpassen. Malle könnte dann zu Fuerte Ventura oder den Kanaren werden, Frankfurt zu München Westend, neuem Medienhafen DDorf, Speicherstadt Hamburg oder was weiß ich was. Vielleicht wurden die Orte von Ibing absichtlich vage beschrieben um genau dadurch das schnelle Leben darzustellen. Sollte es nur Eindruck auf die weibliche Leser-Zielgruppe machen, wäre es sehr schade. Vielleicht überrascht Frau Ibing mich bei ihrem nächsten Werk mit einem Kammerspiel.
Die im Buch beschriebenen Marken und Lokale sind allgemein bekannt und auf jeder guten Shoppingmeile in den Metropolen der Welt daheim. Ich bin jetzt kein Fan von Damenschuhen, Frauenkleidern und dazugehörigen Tant, aber ein Channel oder Prade erkenne ich dann doch noch. Wie Schade, dass es nicht wie bei Boatpeople einen kleinen Warenfetisch für Männer beinhaltet. Da sind doch lauter reiche Typen in dem Buch und automatisch frage ich mich, welche Uhren sie tragen, welche Hemden, welche Kugelschreiber und welche Schuhe. Hört sich jetzt ein wenig arg schwul an, aber es gibt in dieser Liga einen Dresscode und entweder man beherrscht ihn oder man darf nicht mitspielen. Alleine über eine gescheite Armbanduhr kann man doch gut und gerne mehrere Buchseiten verwenden. Immerhin werden die Autos am Rande erwähnt: zum Beispiel ein SLK und ein Porsche, aber auch hier fehlt die Liebe zum Detail.
Jetzt habe ich schon wieder mehr gemotzt, wie ich eigentlich wollte, denn ich habe das Buch gerne gelesen und auch der Humor hat mich an einigen Stellen durchaus zum Schmunzeln gebracht. Über Sophie und die dummen Typen könnte ich mich jetzt noch aufregen, aber wenn ein Buch überhaupt eine Emotion auslöst, kann es gar nicht so schlecht sein. Ich sehe Frau mit Grill sucht Mann mit Kohle als leichte Urlaubs- und Bettlektüre, von der man gut unterhalten. Lesedauer waren bei mir 5 Stunden, was bei einem Genußleser, allerdings nicht ausreichen dürfte.
Fazit Frau mit Grill sucht Mann mit Kohle
Auch wenn der Spruch schon älter ist und man ihn mittlerweile überall als T-Shirt oder Schürze sieht, war das passende Buch noch nicht dazu geschrieben. Ibing hat hier eine Lücke getroffen und bekommt von mir eine Leseempfehlung. Frauen werden das Buch mögen, wir Männer müssen damit klarkommen. Ich selbst las die Ebook-Version und verweise an dieser Stelle auf die Kindle-Edition
Frau mit Grill sucht Mann mit Kohle
Kindle Edition
ASIN: B011EM4F3U
248 Seiten
Preis: 4,99 €
Autorin Sabine Ibing
Die Autorin Sabine Ibing
Die 1959 in Hannover geborene Autorin schrieb während eines vierjährigen Aufenthalts ihren 1999 erschienen ersten Roman Ch@tlove. Zwischenzeitlich kehrte sie nach Frankfurt zurück und arbeitete als Sozialpädagogin. 2011 zog sie aus persönlichen Gründen in die Schweiz und heiratete. Mittlerweile findet sie neben ihrer Arbeit wieder regelmäßig Zeit zu schreiben.
Weitere Buchkritiken
Wenn man nicht unbedingt dieses Buch lesen möchte, gibt es noch weitere Empfehlungen auf dem Literaturasyl. Ihr kennt das ja vielleicht, dass man mit einer Dame zusammen ist und man dadurch immer wieder gezwungen wird Bücher zu lesen, die man ansonsten nicht mit der Kneifzange anpacken würde. Einerseits entspricht man nicht der Zielgruppe und meistens kann sogar mit dem Thema nichts anfangen. Ganz selten findet sich dann doch eine Perle, die es zu lesen lohnt für diese kleinen Momente des Glücks liest man.
Von Sabine Ibing las ich bisher Zenissiomos Jagd. Möchte man im Jetset-Bereich bleiben, dann kann man sich durchaus Boatpeople geben. Etwas derber, etwas mehr auf Männer gemünzt, aber das Leben eines Überfliegers. Um sein Wissen amüsant aufzubessern lege ich Euch Bill Brysons Geschichte der alltäglichen Dinge ans Herz, wahlweise auch eine Geschichte von fast allem, wobei ich dazu keine Kritik schrieb. Klassische Liebe und Herzschmerz beherrscht kaum jemand wie die alten, schweren Russen und hier ganz besonders Dostojewski mit seinen weißen Nächten. Wenn es die Damen etwas spannender mögen, können sie Cupido von Jilliane Hoffman auf den Nachtisch legen, aber den Männern sei dieser Thriller nicht empfohlen. Und wenn man dann immer noch nichts gefunden hat, kann man gerne etwas auf der Seite stöbern und sich sein eigenes Bild machen. Es gibt viele Klassiker, mal etwas modernes und auch vieles, auf welches ich gerade Leselust verspürte. Ich wünsche Euch immer ein Buch zur Hand, welches Euch in irgend einer Weise berührt.