Buchbesprechung im Artikel

Buchkritik: Der Mann, der ins Gefrierfach wollte

Dieser Artikel ist eine kleine Buchkritik zu Karl-Markus Gauß Werk: Der Mann, der ins Gefrierfach wollte. Albumblätter, eine Sammlung von einigen kleinen Geschichten, die sich mit den alltäglichen Absurditäten sehr geschickt befasst. Karl-Markus Gauß wurde 1954 in Salzburg geboren und ist vor allem durch seine Schreibe für die Frankfurter Allgemeine, Neue Zürcher Zeitung und Die Presse bekannt.Weiterhin ist er der Herausgeber der Zeitschrift Literatur und Kritik.

Buchkritik: Der Mann, der ins Gefrierfach wollte

Ein Toter wird posthum zum Vater, ein wachkomatisches Mädchen wird zur Heiligen verklärt und ein Mann lässt sich in der Hoffnung einfrieren, dass die Medizin ihn eines Tages retten kann. Unfrei heißt nicht das tun zu können, was man gerne möchte und dieses Privileg spricht man zum Beispiel Gefangenen in der Todeszelle vollkommen ab. Hierbei können sich doch allerlei Paradoxen auftun, welche sich dem normalen Bürger nicht auf Anhieb erschließen möchten. Der Staat möchte den Gefangenen im Grunde umbringen, hat dafür aber einen exakten Zeitpunkt festgelegt. Bis zu diesem Zeitpunkt möchte er den Gefangenen hegen und pflegen, damit er bei seinem Ableben auch bei bester Gesundheit ist. Deshalb werden den Gefangenen auch jegliche Zigarretten vorenthalten und erst am letzten Tag dürfen sie weit abgeschieden von den anderen rauchen.

Mit dieser Geschichte und anderen alltäglichen Absurditäten beschäftigt Gauß den Leser. Er spielt mit den Worten, fesselt die Gedankenwelt ans Buch und lässt einen so manches mal mit dem Kopf schütteln. Da vergleicht er die moderne Genforschung und Gewinnung von Heilmitteln aus abgetriebenen Embryonen mit mittelalterlichen Gräulgeschichten. Dabei stellt er sich so geschickt an, dass man sehr vorsichtig sein muss, damit man ihm nicht völlig auf den Leim geht. Sicher gibt es Ansatzpunkte in seinen Argumentationssträngen, die reichlich Platz für Kritik bieten, doch handelt es sich um ein gänzlich gelungenes Buch.

Leider bietet Gauß keine Lösungsvorschläge für die, von ihm angeprangerten Tatsachen, doch übt er so filigran Kritik, dass es dem Buch keinen Abbruch tut. Im klassischen Stil der Altphilosophen argumentiert er auch ohne Gegner vor sich hin und beeindruckt durch seine Zusammenhänge.

Für mich persönlich war dieser kleine Zufallsfund endlich mal wieder ein sehr lesenswertes und unterhaltsames Buch. Es mag sich nicht für jeden eignen, doch in einer ruhigen Stunde vorm Kamin, kann man durchaus schmunzelnd an einigen Stellen nur mit dem Kopf schütteln.

Gauß, Markus (2004): Der Mann, der ins Gefrierfach wollte. Albumblätter. Deutscher Taschenbuchverlag GmbH & Co KG, München
ISBN: 3-423-34075-4


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